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Pressemeldungen

Neue Kombinationstherapie bei fortgeschrittenem Hodgkin-Lymphom

HD21-Studie zeigt bessere Wirksamkeit und weniger Nebenwirkungen mit neuem Behandlungsschema

Prof. Dr. Peter Borchmann, Foto: Michael Wodak

Das Hodgkin-Lymphom ist eine maligne Erkrankung des lymphatischen Systems. Betroffen sind vor allem junge Erwachsene. Durch eine intensive Chemotherapie können heute auch Erkrankte in fortgeschrittenen Stadien zu über 80 Prozent langfristig geheilt werden. Diese Therapie ist jedoch sehr belastend für die Betroffenen. Im Rahmen der HD21-Studie der Deutschen Hodgkin Studiengruppe (GHSG), die an der Uniklinik Köln angesiedelt ist, prüften die Expertinnen und Experten deshalb, ob ein von der GHSG neu entwickeltes Behandlungsschema weniger Nebenwirkungen verursacht und zugleich die sehr gute Wirksamkeit der schlecht verträglichen Standardtherapie erhalten werden kann. Die Ergebnisse wurde Anfang Juli in der renommierten Fachzeitschrift „The Lancet“ von Prof. Dr. Peter Borchmann, Leiter der GHSG und Oberarzt an der Klinik I für Innere Medizin an der Uniklinik Köln, veröffentlicht.

Die Standardtherapie (SOC) für unter 60-jährige Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem Hodgkin Lymphom besteht aus vier bis sechs Zyklen BEACOPP, einer sehr intensiven Polychemotherapie, die ebenfalls an der Uniklinik Köln von Emeritus Prof. Dr. Volker Diehl entwickelt worden ist. Die Gesamtzahl der Zyklen und somit die Therapiedauer wird nach zwei Zyklen über die Positronenemissionstomographie (PET) bestimmt. Die Standardtherapie wurde von dem neuen BrECADD Regime herausgefordert. BrECADD ist eine Modifikation des BEACOPP Schemas mit Hilfe des neuen Antikörper-Wirkstoff Konjugats Brentuximab Vedotin, das über ein wesentlich besseres Nutzen-Risiko Profil als konventionelle Chemotherapie verfügt. BrECADD wurde primär im Hinblick auf bessere Verträglichkeit entwickelt.

Die Studie wurde international in neun Ländern (Europa und Australien/Neuseeland) mit über 200 beteiligten Prüfzentren durchgeführt, eingeschlossen wurden 1.500 Patient*innen. Hauptendpunkte der Studie waren das Auftreten schwerer Nebenwirkungen (Therapieassoziierte Morbidität / TRMB) und Wirksamkeit (progressionsfreies Überleben / PFS).

Das neue Regime BrECADD hat signifikant weniger schwere Nebenwirkungen als die ehemalige Standardtherapie. Die häufigste Nebenwirkung bei Polychemotherapien betrifft die Blutbildung. Diejenigen, die BrECADD erhielten, benötigten nur halb so häufig Transfusionen von Erythrozyten und Thrombozyten wie mit BEACOPP behandelte Patientinnen und Patienten.

Die gonadale Funktion kann schwerstgradig durch Polychemotherapie geschädigt werden. Bei einem medianen Erkrankungsalter von 31 Jahren ist das eine sehr relevante Nebenwirkung, da ein Kinderwunsch unmöglich werden und Hormonmangel auch relevante Symptome verursachen kann. Auch diesbezüglich ist mit BrECADD ein Durchbruch gelungen. Es zeigten sich nur noch marginale Auswirkungen auf die gonadale Funktionen. Bei den Frauen lag die FSH-Erholungsrate nach vier Jahren in der BrECADD-Gruppe bei 95 Prozent, bei Männern bei 86 Prozent (verglichen mit 72 und 39 Prozent unter BEACOPP). In der BrECADD-behandelten Gruppe wurden bisher 62 Lebendgeborene dokumentiert, jedoch nur 46 nach BEACOPP. Eine weitere sehr relevante Nebenwirkung für die Betroffenen ist eine toxische Polyneuropathie. Hier gibt es unter BrECADD ein Jahr nach Abschluss der Therapie nur noch Einzelfälle, was bedeutend seltener als unter BEACOPP ist.

Hinsichtlich der Wirksamkeit konnte gezeigt werden, dass BrECADD mit einem PFS von 94,3 Prozent nach vier Jahren signifikant besser als die Standardtherapie BEACOPP ist (90,9 Prozent). 64 Prozent der Betroffenen konnten dank der PET-Steuerung mit nur vier Zyklen und somit innerhalb von drei Monaten behandelt werden. Somit ist mit diesem Schema die höchste in der GHSG jemals erreichte Wirksamkeit bei zudem überwiegend sehr kurzer Therapiedauer erreicht worden.

Für Prof. Dr. Peter Borchmann zeigt die HD21-Studie, dass „BrECADD das derzeit wirksamste Therapieregime für erwachsene Patient*innen unter 60 Jahren mit fortgeschrittenem Hodgkin Lymphom und zugleich signifikant und klinisch relevant besser verträglich ist. Aufgrund dieses bisher unerreichten Nutzen-Risiko Profils hat BrECADD auch bereits Eingang in die aktuelle Leitlinie der DGHO als neue Standardtherapie zum Nutzen unserer Patientinnen und Patienten gefunden.“

 

Publikation:

Borchmann P, et al; German Hodgkin Study Group; Assessing the efficacy and tolerability of PET-guided BrECADD versus eBEACOPP in advanced-stage, classical Hodgkin lymphoma (HD21): a randomised, multicentre, parallel, open-label, phase 3 trial. Lancet. 2024 Jul 3:S0140-6736(24)01315-1. doi: 10.1016/S0140-6736(24)01315-1. Epub ahead of print.