Home BASE ist eine neu gestartete Studie zur patient*innenorientierten und bedarfsgerechten Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit schweren psychischen Störungen zu Hause. Unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. Stephan Bender, Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Uniklinik Köln, beteiligen sich deutschlandweit zwölf Zentren an der multizentrischen Studie – insgesamt 440 Patient*innen sollen teilnehmen. Der Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses fördert Home BASE mit acht Millionen Euro über drei Jahre.
Ziel ist es, eine Versorgungslücke für Jugendliche mit schwersten psychiatrischen Symptomen zu schließen, die zu einer hohen Hospitalisierungsgefahr neigen und damit die Chronifizierung von Behandlungsverläufen zu verhindern. In einem 4-monatigen Behandlungszeitraum finden Therapien bei den Patient*innen zu Hause statt. Sie können in ihrer Intensität je nach Krankheitsschwere variiert werden. Dabei integriert das multiprofessionelle Team aus Ärzt*innen, Psychotherapeut*innen sowie Mitarbeitenden des Pflege- und Erziehungsdiensts die gesamte Familie in den Behandlungsprozess. Die Behandlungsintensität wird im Verlauf der Home BASE-Behandlung bedarfsgerecht schrittweise reduziert, um eine Entlassung in eine geeignete Anschlussmaßnahme wie beispielsweise eine ambulante Psychotherapie anzubahnen.
Unterstützt wird das Vorhaben durch einen Verbund gesetzlicher Krankenkassen mit AOK Baden-Württemberg, AOK Rheinland/Hamburg, AOK Rheinland-Pfalz/Saarland, Techniker Krankenkasse, BIG direkt gesund, IKK Südwest und Mobil Krankenkasse.
Mit einer Auftaktveranstaltung Mitte März startete die Studie nun im Beisein zahlreicher Gäste und Referent*innen. Univ.-Prof. Dr. Edgar Schömig, Vorstandsvorsitzender und Ärztlicher Direktor der Uniklinik Köln, begrüßte die Anwesenden und führte in einem Überblick in das Projekt ein. Gudula Hommel vom Landesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW, das für die Krankenhausplanung zuständig ist und mit seinen Reformen als Vorbild für die aktuelle bundesweite Krankenhausreform dient, stellte dar, wie das Ministerium der aktuellen Situation der Kinder und Jugendlichen im Dialog mit allen Beteiligten gerecht werden möchte. Dr. Harald Rau, Leiter des Dezernat Gesundheit und Wohnen der Stadt Köln, und Simon Schall vom Dezernat Gesundheit des Rhein-Erft-Kreises zeigten auf, wie seelische Gesundheit regional in der Gesellschaft zur Teilhabe verankert sein müsse und welche Konzepte und Netzwerke in Stadt und Kreis bestehen. Matthias Mohrmann, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg, ging darauf ein, wie der Name Home BASE im besten Sinne das Grundanliegen aufzeige, das eigene Umfeld wieder zu einer sicheren Basis zu machen. Barbara Steffens, Leiterin der Landesvertretung der Techniker Krankenkasse NRW, wies darauf hin, dass in Zeiten des Fachkräftemangels nicht immer mehr, sondern eine effektive und zielgerichtete Versorgung entscheidend sei und bereits jetzt Wege in Richtung einer Verankerung der neuen Versorgungsform in der Regelversorgung gesucht werden müssten. Hierzu böte das Home BASE-Konsortium hervorragende Voraussetzungen, so Univ.-Prof. Dr. Stephanie Stock, Prodekanin der Medizinischen Fakultät an der Universität zu Köln, die Translation von Forschungsergebnissen in die Patient*innenversorgung sei eines der zentralen Anliegen der Medizinischen Fakultät. Weitere tiefgründige fachliche Impulse folgten durch Univ.-Prof. Dr. Jörg Dötsch, Kinder- und Jugendmedizin der Uniklinik Köln, Deutsche Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin sowie Expert*innenrat der Bundesregierung. Er betonte, dass die Ausgaben im deutschen Gesundheitssystem im internationalen Vergleich sehr hoch seien und die dadurch erreichte Lebensspanne aber nicht besser als in anderen Ländern sei. Univ.-Prof. Dr. Michael Kölch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, und Prof. Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychosomatik und Nervenheilkunde, stellten die Konsensergebnisse zu den Empfehlungen der ärztlichen Fachgesellschaften für die zukünftige Entwicklung der Versorgung im Bereich seelische Gesundheit dar und waren sich einig, dass eine Flexibilisierung der aufsuchenden Versorgung wie von Home BASE vorgesehen ein zukunftsweisendes Modell darstelle und den Forderungen der Fachgesellschaften entspräche. Dr. Florian Brandt, Health Innovation Manager bei der IKK Südwest, zeigte die Möglichkeiten des Innovationsfonds auf, wie Kostenträger und Leistungserbringer zusammenarbeiten könnten, um mit Daten zur Gesundheit und Daten zu den Kosten der Versorgung Versichertenbeiträge effizient für bestmögliche Leistungen einzusetzen. Im Anschluss fand eine Podiumsdiskussion unter Einbezug der Betroffenenperspektive statt, welche die Wünsche der Patientinnen und Patienten sowie deren Familien in der Versorgung einbrachte.
Die Referent*innen der Auftaktveranstaltung waren sich aus Sicht der Fachverbände, Wissenschaftler*innen, Versorgenden und Kostenträger einig, dass Home BASE eine vielversprechende Möglichkeit ist, die bestehende Versorgungslücke zwischen stationärer und ambulanter Behandlung für schwer psychisch kranke Kinder und Jugendliche zu schließen und durch die aufsuchende Behandlungsform und den Einbezug der Familien optimale Möglichkeiten dafür bietet, ein bestmögliches Funktionsniveau im Alltag zu erreichen.