Der „triple-negative Brustkrebs“, kurz TNBC, tritt bei circa 15 bis 20 Prozent der Frauen mit Brustkrebs auf. Er gilt als besonders aggressiv und betrifft eher jüngere Patientinnen. In einer Genpanel-Analyse am Tumorgewebe von 266 Frauen wurde der Einfluss von pathogenen Varianten (pV) in Brustkrebs-assoziierten Genen mit einem Fokus auf die Gene BRCA1 und BRCA2 untersucht. Insgesamt weisen die vielversprechenden Daten darauf hin, dass das Vorliegen einer pV in BRCA1/2 im Tumor ein Marker für eine deeskalierte, kürzere Chemotherapie unter dem Einsatz von Carboplatin sein könnte, vor allem wenn günstige prognostische Faktoren (z.B. keine befallenen Lymphknoten) vorhanden sind, oder ein gutes Ansprechen auf die Therapie beobachtet wird. Die Ergebnisse der Studie wurden nun in Jama Network Open publiziert.
Die neue Studie basiert auf der ADAPT-TN-Studie der Westdeutschen Studiengruppe (WSG), in der die Wirksamkeit von zwei deeskalierten neoadjuvanten Chemotherapie - Regimes mit jeweils zwölf Wochen Nab-Paclitaxel / Carboplatin versus Nab-Paclitaxel / Gemcitabin verglichen wurde. Dort konnte ein eindeutiger Benefit des Regimes mit Carboplatin für das Erreichen einer pathologischen Komplettremission (pCR) gezeigt werden. Von einer pathologischen Komplettremission (pCR = pathologic complete response) spricht man, wenn im Gewebe nach Therapie keine Tumorzellen mehr nachgewiesen werden können. Für das Fünfjahres-Überleben konnten keine Unterschiede zwischen den beiden Therapien festgestellt werden (Gluz et 2018, 2020, 2022).
In einer sekundären Analyse untersuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Kölner Zentrums Familiärer Brust- und Eierstockkrebs und der WSG, welchen Einfluss pV in BRCA1 und BRCA2 auf die pathologische Komplettremission hatten. Dabei konnte festgestellt werden, dass das Erreichen einer pCR sowohl in der Gesamtkohorte als auch in der Kohorte mit BRCA1/2 pV signifikant mit einem verbesserten Gesamtüberleben verbunden war. Die höchste pCR-Rate (64 Prozent) gab es in der Subgruppe von Patientinnen mit einer pathogenen Variante in BRCA1/2 nach Carboplatin-Therapie. Diese Subgruppe hatte ebenfalls vielversprechende iDFS- (invasiv krankheitsfreies Überleben) und OS (Gesamtüberleben)-Raten nach fünf Jahren (84 bzw. 93 Prozent).
Die Erstautorin der Studie, Dr. Lisa Richters vom Zentrum Familiärer Brust- und Eierstockkrebs an der Uniklinik Köln und der Medizinischen Fakultät, sieht in den Ergebnissen Ansätze für weitere Studien: „Unsere Ergebnisse können hoffentlich zukünftig zu einer individuelleren Therapieplanung mit der Vermeidung von Übertherapien beitragen. Das muss jedoch in größeren prospektiven Studien überprüft werden, die auf die Analyse der Überlebensdaten ausgelegt sind. Neben dem Einsatz von deeskalierten Chemotherapie-Regimen sollte ebenso der Einsatz von zielgerichteten Substanzen (z.B. PARP-Inhibitoren, Checkpoint-Inhibitoren) in Kombination oder alleine im Rahmen einer Deeskalation untersucht werden.“ Mitautorin der Studie, Prof. Dr. Rita Schmutzler, Direktorin des Zentrums Familiärer Brust- und Eierstockkrebs, ergänzt: „Die Studie zeigt exemplarisch, wie wichtig es ist, die molekularen Ursachen von Krebs aufzuschlüsseln, um auf dieser Basis gezielter und effektiver behandeln zu können.“
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